Ist Eisen kritisch bei veganer Ernährung?

Gerade Eisen ist ein Nährstoff, mit dem man sich aktuell beschäftigen sollte. Hier gab es vor kurzem einen Paradigmenwechsel. Das bedeutet, dass grundlegende, Jahrzehnte geltende Rahmenbedingungen und wissenschaftliche Ansichten zu dem Thema geändert und neue Erkenntnisse erforscht wurden.1

Eisen wird oft mit Fleisch in Verbindung gebracht, allerdings ist es in der veganen Ernährung kein Nährstoff, der über Supplemente zugeführt werden muss. Er kann über eine bedarfsgerechte vegane Ernährung ohne weiteres gedeckt werden. 

Eisen ist ein Mikronährstoff, der zu den Spurenelementen zählt. Er ist an der Sauerstoffversorgung des Blutes, der Gehirnfunktion und der Immunfunktion beteiligt. Ein Mangel führt zu dauerhafter Müdigkeit, verminderter Leistungsfähigkeit, einem anfälligen Immunsystem, Einschränkungen der kognitiven Fähigkeiten, Abgeschlagenheit und Schwindel. Der Mangel an Eisen ist einer der wenigen Mängel, der auch hierzulande auftritt. Betroffen sind vor allem junge Frauen und Schwangere. Aufgrund der Menstruation haben Frauen einen höheren Eisenbedarf.

Die empfohlene Zufuhr an Eisen beträgt für Frauen bis zur Menopause 12-15 mg pro Tag, für Schwangere beträgt sie 30 mg und Stillende 20 mg pro Tag. Für Männer wird eine Zufuhr von 10 mg pro Tag empfohlen. Hier sind Verwertungsverluste und Sicherheitspuffer eingerechnet.

Eine Eisensupplementation während der Schwangerschaft ist jedoch nicht nötig und wird in hohen Dosen nicht empfohlen. Es sollte auf eine vermehrte Zufuhr in der Schwangerschaft geachtet werden, allerdings verdoppelt sich in der Schwangerschaft auch die Eisenabsorption und der vermehrte Bedarf kann kompensiert werden.

Wer seinen/ihren Eisenspeicher des Körpers messen möchte, kann den Serum-Ferritin-Wert auswerten lassen. Er gibt Aufschluss über die Eisenversorgung. Er sollte mindestens 15 ug pro Liter betragen. Weitere Untersuchungsparameter sind das Transferrin und die Transferrinsättigung. Der Transferrin-Rezeptor und das C-reaktive Protein können auch bei Entzündungen im Körper eine Aussage über den Eisenspiegel treffen, der sonst verfälscht sein kann.

WICHTIG! Natürlich möchte man an keiner Eisenanämie leiden, aber zu hohe Eisenwerte können sogar schädlicher für den Menschen sein und toxisch wirken. Tierisches Hämeisen durchdringt Barrieren im Magen, wodurch die Zufuhr nicht reguliert wird. Das Hämeisen hat zudem negative Auswirkungen auf den Organismus und kann bei dauerhafter erhöhter Zufuhr das Risiko für Krebs, Diabetes und Herzerkrankungen steigern. Pflanzliches Eisen dringt nicht unreguliert ein, wodurch die Gefahr nicht besteht und aus mehreren Gründen in seinem Vorteil überdacht werden sollte. Das Streben nach einer hohen Eisenaufnahme durch Fleisch kann somit nicht mehr wünschenswert sein.

VeganerInnen haben bei einer ausgewogenen Ernährung mit Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten, Trockenfrüchten, Nüssen und dunkelgrünem Blattgemüse kein höheres Risiko eines Eisenmangels als MischköstlerInnen. Paradoxerweise ist in Blutwurst und anderen blutigen tierischen Teilen und der Leber das meiste Eisen enthalten. Diese werden aber in der Gesellschaft kaum verzehrt. Zum Beispiel ist in Weizenkleie pro 100 g dreimal so viel Eisen enthalten als in 100 g Rindfleisch. Die Assoziation zwischen Fleisch und Eisen hinkt also und müsste vor allem zu den blutigen Bestandteilen von Tieren und deren Organen verrückt werden. 

Die besten veganen Eisenlieferanten

Besonders gute Eisenlieferanten stellen Kürbiskerne (12,5 mg/100 g), Sesam (10 mg/100 g), geschälte Hanfsamen (9,6 mg/100 g) und Leinsamen (8,2 mg/100 g) dar. MandelnHaselnüsse und Pistazien sind gute Eisenlieferanten aus Nüssen und besitzen 4-7 mg Eisen/100 g.

HaferflockenAprikosen (getrocknet), Tofu, Amaranth, Quinoa, Linsen, Spinat, Schwarzwurzel, Kichererbsen und Hirse sind ebenfalls sehr gute Quellen, die in absteigender Reihenfolge alle in zubereiteter Form über zwischen 5,8 und 2,5 mg Eisen pro 100 g Lebensmittel enthalten. Grünkohl, Rucola, Pflaumen (getrocknet) und Rote Bete enthalten 1-2 mg/100g.

Es sollte bedacht werden, dass die Eisenaufnahme über den Tag verteilt stattfindet und so mehrmals täglich Eisen aufgenommen werden kann.

Ist pflanzliches Eisen schlechter bioverfügbar und müssen VeganerInnen mehr aufnehmen?

Es wird zwischen Hämeisen und Nicht-Hämeisen unterschieden. Hämeisen befindet sich nur in rotem Fleisch. Dort ist es in dem roten Blutfarbstoff Hämoglobin gebunden. In Milchprodukten und Eiern sowie pflanzlichen Lebensmitteln ist ausschließlich Nicht-Hämeisen enthalten.

Jahrzehnte lang galt die Annahme, dass pflanzliche Lebensmittel zwar mengenmäßig genauso viel Eisen enthalten, allerdings geringer absorbiert werden als Hämeisen. 

ABER: Es konnte ein neuer, dritter Absorptionsmechanismus in den Darmzellen entdeckt werden, der das Ferritin, das an das Eisen in pflanzliche Lebensmittel gebunden ist, direkt über den Ferritin-Port aufnehmen kann.Ferritin ist ein großer Komplex, der viel Eisen aufnehmen und komplett in den Darm eingeschleust werden kann.

Vor allem in Hülsenfrüchten (ganz besonders in Linsen) ist sehr viel Ferritin um Eisen gebunden und die Absorptionsrate stellt hier nun keinen Grund zur Sorge dar.2

Tierisches Eisen stellt somit keinerlei Vorteile mehr dar. Pflanzliches Eisen ist dem tierischem gleichgestellt und kann nicht mehr als minderwertig angesehen werden. 

Zudem kann sich bei einer Ernährung mit ausschließlich Nicht-Hämeisen der Organismus anpassen und bei einer niedrigeren Aufnahme von Eisen wird die Absorption gesteigert und umgekehrt.

Wie kann die Eisenaufnahme dennoch erhöht werden?

Zusätzlich kann die Eisenverfügbarkeit gefördert oder gehemmt werden. Dadurch kann die Absorption gesteigert werden. Diese Verbesserung bezieht sich auf den zweiten Weg der Eisenabsorption. Dies ist der Aufnahmemechanismus von freiem Eisen-ll. Pflanzliche Lebensmittel, in denen Eisen an Ferritin gebunden ist, benötigen keine Absorptionsförderung und die hemmenden Stoffe haben keinen Einfluss.

Zum Beispiel kann der gleichzeitige Verzehr von Lebensmitteln, die reich an Vitamin C sind, die Eisenaufnahme verbessern. Die Vitamin C-Zufuhr kann die Eisenaufnahme sogar verdreifachen. Die Vitamin C-Aufnahme ist mit einer veganen Ernährung sehr leicht zu erreichen und meistens sowieso im Speiseplan integriert. Dafür eignet sich z. B. rote Paprika, Rosenkohl, Grünkohl, Brokkoli, Papaya, Blumenkohl, Kohlrabi, Erdbeere, Zitrone, Orange, Limette, die in absteigender Reihenfolge den Tagesbedarf an Vitamin C (95-110 mg) erfüllen oder bis zu 50 mg pro 100 enthalten.

Auch Organische Säuren können die Eisenaufnahme verbessern. Dazu zählen die Zitronensäure, die zum Beispiel in Himbeeren, Erdbeeren, Orange und Kiwi enthalten ist, oder in Tomaten und Paprika. Apfelsäure ist in Aprikosen, Kirschen, Brombeeren, Heidelbeeren oder Rhabarber enthalten. Auch Milchsäure aus fermentiertem Sauerkraut oder Sojajoghurt steigert die Eisenabsorption. Sojasauce eignet sich ebenfalls.

Äußerst effektiv ist auch die Aufnahme von Beta Carotin, das die Eisenaufnahme auch verdreifachen kann und hemmende Faktoren sogar ausgleichen kann. Es wird durch Karotten, Süßkartoffeln, Grünkohl, Mangold und Aprikosen in großen Mengen aufgenommen.

Schwefelhaltige Substanzen über Lauch, Knoblauch, Schnittlauch und Zwiebeln fördern die Aufnahme ebenfalls.

Die folgenden Einflussfaktoren können zwar die Eisenaufnahme durch Eisen-II herabsetzen, überwiegen allerdings in ihren positiven Eigenschaften und sind gesundheitsförderlich. Daher ist auf diese Stoffe nicht zu verzichten, sondern nur darauf zu achten, sie nicht mit Eisen oder richtig zubereitet zuzunehmen!

Gehemmt werden kann die Aufnahme durch Phytinsäure. Sie ist ein sekundärer Pflanzenstoff, der antioxidativ, antikanzerogen, blutzuckerregulierend und cholesterinsenkend wirkt. Sie kann durch das Einweichen von Hülsenfrüchten, dem Erhitzen oder dem Keimen im Falle von Eisen wünschenswerterweise verringert werden. Da jedoch das Eisen von Hülsenfrüchten über den Ferritinweg aufgenommen wird, ist dieser Faktor nicht mehr von großer Bedeutung und es sollte sich auf die fördernden Faktoren konzentriert werden.

Polyphenole sind vor allem in Schwarztee, Grüntee, Kaffee und Kakao. Daher ist darauf zu achten, einen zeitlichen Abstand von 1 Stunde zwischen der Aufnahme dieser Getränke und den Mahlzeiten zu lassen.

Alkoholismus, Adipositas und einige Medikamente können die Eisenaufnahme ebenfalls hemmen und haben im Gegensatz zu den vorherigen hemmenden Faktoren negative Begleiterscheinungen und sind zu vermeiden.

Zu viel Eisen kann nicht ausgeschieden werden, daher ist es wichtig, nicht zu viel aufzunehmen. Der Körper ist jedoch in der Lage, bei einer höheren Aufnahme von Eisen die Absorption von Eisen zu regulieren. Das ist der Grund, wieso es bei einer veganen Kost zu einer Anpassung des Körpers kommt. Dieser führt bei verminderter Aufnahme dazu, dass mehr Nicht-Hämeisen aufgenommen werden kann und somit eine Erhöhung der Eisenabsorption ermöglicht wird. 

Die hemmenden Stoffe haben nach einigen Monaten veganer Ernährung sogar einen verminderten Einfluss auf die Eisenabsorption und beeinflussen die Bioverfügbarkeit nicht mehr so stark.

Fazit 

Durch eine vegane Ernährung ist eine ausreichende Aufnahme von Eisen vollkommen gewährleistet. Eisen stellt somit keinen kritischen Nährstoff für eine pflanzenbasierte Ernährung dar und muss auch nicht in höherer Menge aufgenommen oder supplementiert werdenPflanzliches Eisen wird weder schlechter aufgenommen, noch ist es minderwertig.

Literatur

(1) Günther, K. (2019). Eisenmangel beheben mit natürlichen Lebensmitteln. Berlin: Springer.

(2) Hoppler, M., Zeder, C. & Walczyk, T. (2009). Quantification of ferritin-bound iron in plant samples by isotope tagging and species-specific isotope dilution mass spectrometry. Anal Chem., 81(17):7368-72. 10.1021/ac900885j

Leitzmann, C. & Keller, M. (2020). Vegetarische und vegane Ernährung (4. Auflage). Stuttgart: Eugen Ulmer KG.

Rittenau, N. (2019): Vegan – Klischee ade! Wissenschaftliche Antworten auf kritische Fragen zu veganer Ernährung (3. Auflage). Mainz: Ventil.

Rittenau, N. (2021) Änderungen & Erweiterungen von „Vegan – Klischee ade!“ Abgerufen am 18.05.2021 von https://www.nikorittenau.com/vka-update/

Theil, EC. et al. (2012). Absorption of iron from ferritin is independent of heme iron and ferrous salts in women and rat intestinal segments. J Nutr, 142(3):478-83. 10.3945/jn.111.145854

Vereine für Unabhängige Gesundheitsberatung (UGB): Keller, M. (o.D.). Eisen – pflanzlich gut versorgt. Abgerufen am 18.05.2021 von https://www.ugb.de/ernaehrungsplan- praevention/eisen-vegetarisch-gut-versorgt/?eisen-eisenmangel

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