Argumente gegen den Speziesismus und warum es so wichtig ist, ihn zu kennen

„Es gibt zwei Kategorien von Tieren. Die eine glaubt, dass es zwei Kategorien von Tieren gibt, und die andere hat darunter zu leiden.“ (Richard David Precht)

Der Begriff des Speziesismus umfasst die Diskriminierung von allen nichtmenschlichen Tierspezies und ihren Individuen. Der Begriff wurde 1970 von Richard Ryder eingeführt und beschreibt die Abwertung von Tieren allein aufgrund ihrer Art.

Die unterbewusste Befürwortung des Speziesismus ist einer der wichtigsten und bedeutendsten Gründe, wenn es um die Frage geht, warum an der Selbstverständlichkeit des Tiere-Essens so festgehalten wird und Menschen, die dies kritisieren, sich rechtfertigen müssen.

Die Position der Macht und Überlegenheit, in der sich Menschen gegenüber den Tieren sehen, kann als Ausgangspunkt und Rechtfertigung der Ausbeutung von Tieren angesehen werden. In unserer Gesellschaft herrschen Rechte, vor allem in Bezug auf das Rücksicht nehmen von Leid und Schmerzen, nur für Menschen vor.

Der Speziesismus ist fest in unserem Glaubenssystem verankert und wird weder angesprochen noch hinterfragt. Demnach ist er in den Medien, der Politik und dem Großteil unserer sozialen Umwelt nicht anzutreffen und somit unbekannt. Tiere, vor allem Nutztiere, gelten in der gesellschaftlichen Hierarchie als Waren, Gegenstände, Eigentümer oder Produkte.

Wovon geht der Speziesismus aus?

Der Speziesismus lässt zu, dass Menschen Tiere aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer anderen Spezies minderwertig behandeln und ihnen weniger Gefühle und Fähigkeiten zuschreiben. Tieren wird jede Begabung des Menschen abgesprochen und artspezifische Ausprägungen aberkannt. Individuelle Fähigkeiten von Tieren werden in der Argumentation ausgeschlossen. Nach dem Speziesismus befähigt keine Ausprägung von Empfindungen den Tieren das Recht auf Leben. Der einzige Wert, der ihnen zugesprochen wird, basiert auf Verkaufspreisen oder Erträgen.

Warum die Argumente nicht gerechtfertigt sind

Diese Argumentation blendet aus, dass Tiere sich jedoch nicht aussuchen, in welche Spezies sie hineingeboren werden, sie eindeutig Gefühle haben und uns ähnlicher sind als viele denken oder wahrhaben wollen. Sie kommunizieren, besitzen vergleichbare und einzigartige Eigenschaften und sie bauen nicht nur Beziehungen untereinander, sondern auch zu Menschen auf und leben in Gemeinschaften. Die willkürliche Zuordnung verschiedener Bedeutsamkeiten zu unterschiedlichen Spezies und die bloße Zugehörigkeit zu einer Art sind keine hinreichenden Kriterien, die eine Benachteiligung und Gewalt gegenüber Lebewesen rechtfertigen und sind als moralisch fragwürdig anzusehen. Tiere besitzen ein intensives Leidens- und Schmerzempfinden. Ihre Instinkte, Empfindungen und der Drang zu leben sind ausgeprägt und sie verstehen weit mehr, als die Forschung in der Vergangenheit angenommen hat.

Wie kann der Speziesismus widerlegt werden? 

Die Behauptungen des Speziesismus sind hinfällig. Denn wenn sie der Grund des Ausschlusses von Tieren sein sollen, müssten sie im Umkehrschluss auf alle Menschen, und ausschließlich auf diese, zutreffen. Säuglinge, Menschen mit Behinderungen oder mit starken Erkrankungen besitzen jedoch niedrigere intellektuelle und sprachliche Fähigkeiten, können schwieriger oder keine Beziehungen zu anderen aufbauen. Menschen können zu Tieren eine emotionale Verbundenheit aufbauen, die sogar stärker sein kann, als zur eigenen Art. Es besteht demnach keine Eigenschaft, die ausschließlich den Menschen zugeschrieben werden kann. Die Konsequenz dieser Argumente würde bedeuten, dass sie auf alle Individuen ausgeweitet werden müssten. Insofern müssten auch Menschen, die keine emotionale Verbundenheit oder Beziehungen zu anderen führen, Menschen mit geringerer Intelligenz oder eingeschränkter Sprachfähigkeit und Menschen mit schwächeren körperlichen Ausprägungen, systematisch diskriminiert werden. Da dies aber in der Gesellschaft als verwerflich gilt und die Rechte von Menschen geschützt werden, sollte die Konsequenz daraus sein, diese Rechte folglich auf alle Spezies zu übertragen.

Die Unterdrückung wird mit den Annahmen des Speziesismus gerechtfertigt, die jedoch keine moralische Relevanz besitzen und ihn weder verteidigen können, noch ihm das Recht der gegenwärtigen Diskriminierung verleihen. Denn genetische Faktoren können nicht strikt voneinander abgetrennt werden, sowie die Grenzen, die von den Menschen aufgestellt wurden. Diese erdachten, glaubensbasierten Grenzen haben in der Geschichte in verschiedenen Ausprägungen zu Rassismus geführt. Sie dienten ausnahmslos egoistischen Interessen und Zielen. Diese Grenze kommt in der Realität nicht vor und kann deshalb auch nicht die moralische Unterscheidung zwischen Spezies rechtfertigen.


Der Speziesismus kann auf der einen Seite als eine Verachtung von Lebewesen und auf der anderen Seite als Rassismus, der sich gegen Menschen richtet, die sich antispeziesistisch verhalten, angesehen werden. Hier wird deutlich, dass der Speziesismus auch mit den Menschen, die sich gegen ihn einsetzen, verflochten ist und folglich auf ethischer Ebene mit dem Veganismus und den Menschen, die danach leben, in Verbindung gebracht werden muss. Aus tierethischen Gesichtspunkten und der Sicht des Veganismus sind die Argumente zurückzuweisen, da sie als widersprüchlich und unzureichend angesehen werden. Die kontroversen Überzeugungen für und gegen den Speziesismus weiten sich schließlich auf die Ernährung aus und legen einen Grundstein der Urteilsbildung gegenüber der Gruppe, dessen Ernährungsstil nicht vertreten wird.

Was wir tun müssen

Speziesistische Argumente herrschen in unserer Gesellschaft vor, werden als Normalität angesehen und sind Ausgangspunkt der Diskriminierung von Tieren und auch Vorurteilen gegenüber Ernährungsformen, die tierische Bestandteile ausschließen. Daher ist es wichtig, auf den Speziesismus aufmerksam zu machen, um zum Ursprung der eingefahrenen Ernährungsgewohnheiten und Prägungen zurückzukommen. Es ist unsere Aufgabe, diese Argumente zu verstehen und zu widerlegen, damit ein Prozess des Hinterfragens stattfinden kann.

Ich denke, wir müssen die Stärke beweisen und unseren Mitbewohnern auf dieser Erde eine Stimme geben, die sie selbst nicht haben. Das Recht, uns über Tiere zu stellen und ihr Leben frühzeitig durch Mord zu beenden, weil wir es nicht anders kennen, haben wir nicht. Es sollte nicht mehr über die Gewalt hinweggesehen werden und sich mehr Diskurs, Toleranz und Offenheit, um der Realität ins Auge zu schauen, einpendeln. Die Ausbeutung der Tiere kann nur vermindert werden, wenn ein Umdenken in diesem Thema stattfindet und die Legitimation des Tiere-Tötens aufgedeckt wird.

Lesenswertes

Bräuer, J. (2014). Klüger als wir denken: Wozu Tiere fähig sind. Berlin Heideberg: Springer Spektrum.

Burkard, A. (2014). Wie sich die ungleiche Berücksichtigung von Menschen und Tieren nicht verteidigen lässt. Zeitschrift für philosophische Forschung 68 (2), 153-179.

Foer, J. S. (2010). Tiere essen (4. Auflage). Köln: Kiepenheuer & Witsch.

Horta, O. (2010). What is Speciesism? Journal of Agricultural and Environmental Ethics, 23, 243-266. 10.1007/s10806-009-9205-2

Kaplan, H. F. (2016). Tierrechte – Wider dem Speziesismus. Norderstedt: Books on Demand.

Koeder, C. (2014). Veganismus: für die Befreiung der Tiere. Ellwangen: Selbstverlag.

Precht, R. D. (2016). Tiere denken: vom Recht der Tiere und den Grenzen des Menschen (2. Auflage). München: Wilhelm Goldmann Verlag.

Ricard, M. (2015). Plädoyer für die Tiere. München: nymphenburger in der F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH.

Ryder, R., D. (2011). Speciesism, Painism and Happiness – A morality for the Twenty- First Century. Vereinigtes Königreich: Andrews UK Limited.

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