Tierversuche in der Kosmetikindustrie

Letztens präsentierte ich meiner Oma mein neues Lieblings-Kosmetikprodukt. Ich zeigte es ihr und sagte ihr stolz: “Es ist frei von Tierversuchen und vegan!” Daraufhin lachte sie und erwiderte in ironischer Tonlage: “Frei von Tierversuchen? Damit werden wohl auch Tiere geschminkt?!” Umso schockierte war sie als ich ihr erklärte, dass genau das täglich für die Zulassung von Kosmetikprodukten geschieht.  

Mit dieser Anekdote möchte ich nicht ausdrücken, dass meine Oma ungebildet wäre, ganz im Gegenteil! Vielmehr verdeutlicht es, wie wenig dieses Thema Platz in den traditionellen Medien wie der Zeitung, dem Fernsehen oder sogar sozialen Medien findet (es sei denn, man sucht gezielt danach) – und dem möchte ich nun ein bisschen entgegenwirken.

Die fehlende Aufklärung  

Aus gutem Grund bleiben Tierversuche in der Kosmetik weitestgehend unkommentiert. Viele Kosmetikfirmen wollen nicht, dass die Käufer*innen darauf aufmerksam gemacht werden, wie wenig glamourös es in der Herstellung und Zulassung ihrer Produkte zugeht. Denn das hätte vermutlich starke Einbrüche des Umsatzes zur Folge. So werden laut “Cruelty Free International” pro Jahr mehr als 500.000 Tiere für kosmetische Tierversuche herangezogen. 

Zwar werben Marken, die auf vegane und tierversuchsfreie Produktion setzen, mit ihrer Vorgehensweise – andersherum wird man jedoch nicht auf die brutalen Zulassungsprüfungen aufmerksam gemacht. Das Wort “brutal” habe ich dabei nicht wahllos verwendet. Es werden wehrlosen Tieren Chemikalien gespritzt oder auf deren Augen oder Haut aufgetragen. Dabei wird stets in Kauf genommen, dass die Chemikalien starke Reaktionen, die im schlimmsten Fall sogar zum Tod führen, hervorrufen können. Daher kann das, was den Tieren in den Versuchslaboren widerfährt, einzig und allein mit dem Wort “brutal” beschrieben werden.  

Aber nicht nur die fehlende mediale Verbreitung ist problematisch. Auch die lückenhafte Aufklärung darüber, was genau Tierversuche sind und wie diese durchgeführt werden, sorgt dafür, dass vielen die dahinterstehende Problematik nicht bewusst ist. 

Interessant ist dabei auch, wie das Thema im Deutschen sprachlich umgesetzt wird. Hier spricht man von “Tierversuchen” bzw. “tierversuchsfrei”. Im Englischen wird dafür der um einiges passendere Begriff “cruelty-free” (also “frei von Grausamkeiten”) verwendet. 

Das Problem 

Natürlich wurde auch politisch etwas gegen die brutalen Tierversuche unternommen. So besteht seit 2013 ein Tierversuchsverbot für Kosmetika in der gesamten EU. Demnach dürfen keine Experimente an Tieren für kosmetische Produkte oder Inhaltsstoffe durchgeführt werden. Auch Kosmetika, die in anderen Ländern durch Tierversuche getestet wurden, dürfen nicht in der EU verkauft werden. 

Damit ist das Problem hierzulande doch gelöst, oder? 

Leider nicht, da die Richtlinien nur für neue Produkte und deren Inhaltsstoffe gelten und auch nur für die Inhaltsstoffe, die ausschließlich für kosmetische Zwecke verwendet werden. Das bedeutet, dass alle Produkte die vor 2013 mithilfe von Tierversuchen hergestellt wurden, weiterhin auf diese setzen können. Und auch Kosmetika, deren Inhaltsstoffe zusätzlich für Reinigungsmittel oder Medikamente verwendet werden, fallen unter das Chemikaliengesetz, dass die Durchführung von Tierversuchen gesetzlich verlangt. 

Daher bleibt für ca. 90% der kosmetischen Inhaltsstoffe trotz gesetzlichen Verbotes die Möglichkeit bestehen, sie an Tieren zu testen. 

Alternative Lösungen 

Die gute Nachricht ist, dass es mittlerweile zuverlässige alternative Methoden gibt. Dabei werden die Tests an dreidimensionalen Modellen, bestehend aus gezüchteten menschlichen Hautzellen, durchgeführt. Diese tierfreundliche Testmethode ist automatisch effektiver und zuverlässiger, da die Ergebnisse besser übertragbar sind und somit die Sicherheit für die menschliche Gesundheit noch präziser eingeschätzt werden kann. 

Also warum auf Tierversuche setzen, wenn es auch andere Methoden gibt?! Zum einen ist es für die produzierenden Firmen bequemer, wenn an den alten Vorgehensweisen festgehalten wird. Des Weiteren ist eine komplette Änderung der Zulassungsuntersuchungen ziemlich teuer. 

Aber sollte uns aus dem Grund das Leben der Tiere nichts wert sein?! 

Ich denke die Antwort darauf ist eindeutig. Also achte doch beim nächsten Kosmetikeinkauf auf das Hasensymbol, welches tierversuchsfreie Produkte kennzeichnet, oder eine andere Kennzeichnung wie z. B. ein veganes Gütesiegel (V-Label oder Veganblume).

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